Die Digitalwirtschaft hat sich verspielt. Nach den coronabedingten Wachstumsjahren entlassen Meta, Google oder Amazon, aber auch Electronic Arts, Microsoft oder Unity seit 2022 zehntausende Angestellte. Das erhoffte Wachstum fällt schwächer aus als erwartet, die Blase platzt, auch aufgrund von unkalkulierbaren weltwirtschaftlichen Faktoren wie dem globalen Chipmangel und dem Krieg in der Ukraine.
Der schwedische Spielekonzern Embracer, eigentlich bekannt für seine rasanten Studiozukäufe und großen Pläne, trennt sich zwischen April und Dezember 2023 von knapp 1.400 Beschäftigten. Einer der Gründe: ein geplatzter Zwei-Milliarden-Dollar-Deal mit einem ausländischen Investor, der für Embracers »Restrukturierungsmaßnahmen« zur Senkung der knapp 1,5 Milliarden US-Dollar Nettoschulden mitverantwortlich ist.
Laut dem US-Magazin Axios vorliegenden Insider-Informationen handelt es sich bei dem Investor um die saudi-arabische Savvy Games Group. Auf Nachfrage der GameStar gibt Arman Teimouri, Head of External Relations bei Embracer, nur zu Protokoll, dass man sich nicht zu »Gerüchten und Spekulationen« äußere.
Disclaimer
Webedia, die Muttergesellschaft von GameStar, ist ebenfalls geschäftlich in Saudi-Arabien aktiv und unterhält dort unter anderem das Portal saudigamer.com.
Gerüchte und Spekulationen sagen die einen, ein offenes Geheimnis sagen die anderen, auch wenn sich die Recherche von Axios nicht unabhängig verifizieren lässt. Dieses potenzielle Geheimnis ist dabei ein besonders brisantes. Anders als die meisten Firmen ist die Savvy Games Group nicht über den freien Markt finanziert, sondern eine hundertprozentige Tochter des Public Investment Fund (PIF), dem Staatsfonds Saudi-Arabiens.
Der seit 1971 existierende Fonds ist der fünftgrößte seiner Art weltweit und verwaltet nach aktuellem Stand mehr als 900 Milliarden US-Dollar, den Großteil davon gebunden in lokalen Maßnahmen. Der Fonds investiert in prestigeträchtige Gigaprojekte wie die Wüstenstadt Neom, aber auch in Landwirtschaft, erneuerbare Energien, Luftfahrt und Verteidigung – und im Rahmen des Postens »Unterhaltung, Freizeit und Sport« auch in Videospiele.
Warum will ein Land, das bis heute im Schnitt zwischen 30 und 40 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts dem Ölhandel zu verdanken hat, sich ein Standbein in vermeintlich fachfremden Branchen aufbauen?
Ein junges Land mit großen Plänen
»Saudi-Arabien investiert strategisch ganz gezielt in Sektoren, die neben Glamour auch Einfluss bringen – darunter Sport und Games«, sagt Petra Fröhlich, Chefredakteurin des Branchenmagazins Gameswirtschaft. »Die Verpflichtung von Superstars wie Cristiano Ronaldo und Neymar oder die Ausrichtung einer E-Sports-WM ermöglicht dauerhafte, globale, mediale Präsenz, gerade bei einem jungen Publikum. Dies wäre in anderen Wirtschaftszweigen in dieser Form nicht möglich.«
Junges Publikum ist dabei ein gutes Stichwort. Im Vergleich zu vielen westlichen Staaten ist Saudi-Arabien nämlich ein junges Land. Von den rund 32 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern sind laut Statistikamt des Königreichs 39 Prozent jünger als 25, das Medianalter liegt bei 29. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt der Anteil der Unter-25-jährigen derzeit etwa 24 Prozent, während das Medianalter weit jenseits der 40 liegt.
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